Saugferkeldurchfall – ein häufiges Problem im Abferkelstall

Trotz verbessertem Management sind Durchfälle immer noch die häufigste Erkrankung beim Saugferkel und können bisweilen hohe Verluste verursachen. Selbst gut geführte Betriebe können aufgrund der gestiegenen Wurfgrößen von diesem Problem betroffen sein. Ursache für Saugferkeldurchfälle können bakterielle, virale und auch parasitäre Erreger sein. Die häufigsten Erkrankungen und Ansätze zu ihrer Bekämpfung sollen im Folgenden aufgezeigt werden.

Coliruhr:
Sie stellt  eine der am häufigsten Erkrankungen im Zeitraum von der Geburt bis zum Absetzen dar, der Erreger ist Escherichia Coli. Besonders hämolysierende Coli-Stämme können schwere Durchfallerkrankungen auslösen. Häufige Vertreter sind Stämme mit den Fimbrientypen F4, F5, F6 und F41. An ihrer Oberfläche und an ihrer Kapsel haben Colikeime sogenannte O- und K-Antigene, die zur Unterscheidung (Serotypisierung) genutzt werden. Mit diesen Oberfächenantigenen gelingt es den Erregern, sich an bestimmten Rezeptoren der Darmzellen anzuheften und dann ein durchfallauslösendes Toxin freizusetzen. Besonders das Fehlen maternaler Antiköper aus dem Kolostrum (z.B. bei Jungsauen, bei MMA oder um die 3. Lebenswoche herum) begünstigt dieses Anheften der Keime.

Die Coliruhr kann Ferkel im Neugeborenenalter, um die 3. Lebenswoche und auch nach dem Absetzen betreffen. Die Verluste können hierbei z.T. sehr hoch sein. Die betroffenen Tiere zeigen hierbei einen gelblich-wässrigen Durchfall, der eine Austrocknung (Exsikkose) nach sich zieht. Beim sogenannten Dreiwochendurchfall zeigt sich eher ein gelblich-cremiger Durchfall mit meist geringeren Verlusten. Nach dem Absetzen spielen v.a. Colis vom Typ F18 und F4 eine wichtige Rolle. Einige Stämme können hierbei Toxine bilden, die Durchfall oder auch den plötzlichen Tod der Ferkel auslösen können, andere bilden das sogenannte Shigatoxin, das die Ödemkrankheit auslöst.
Coli-Durchfälle können mit verschieden Antibiotika behandelt werden. Um Resistenzen vorzubeugen sollten frisch erkrankte und unbehandelte Tiere oder Kotproben solcher Tiere untersucht werden, um den Serotyp der Colikeime und ein geeignetes Antibiotikum über einen Resistenztest zu ermitteln. Die Ermittlung des Serotyps und der sogenannten Virulenzfaktoren spielt eine wichtige Rolle für die Etablierung einer möglichen Impfung. Hierbei kann eine klassische Mutterschutzimpfung (kommerzielle Impfstoffe oder auch bestandsspezifische Vakzinen) oder auch eine Ferkelimpfung  gegen das Shigatoxin bzw. gegen F4/F18-Colis durchgeführt werden.  Ebenso wichtig wie Impf- und Behandlungsmaßnahmen sind aber auch Hygiene- und therapiebegleitende Maßnahmen (z.B. Reinigung/Desinfektion der Abferkelabteile, Kotbeseitigung in der Abferkelbucht, ausreichende Kolostrumversorgung der Neugeborenen, Einsatz von Trockendesinfektionspulvern, etc.).

Clostridien:
Clostridien-Infektionen haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung als Durchfallerreger bei Saugferkeln zugenommen. Hierbei werden am häufigsten zwei Typen von Clostridium perfringens gefunden: Zum einen den Typ C, den Erreger der nekrotisierenden Enteritis, zum anderen den Typ A mit einem ähnlichen Krankheitsbild wie Typ C allerdings meist mit einem milderen Krankheitsbild. Typ A wird heutzutage wesentlich häufiger als Durchfallerreger gefunden als Typ C.
Die Erreger werden vom Ferkel meist direkt nach der Geburt aus dem Sauenkot oder vom kotkontaminierten Gesäuge der Sau aufgenommen und verursachen in der Darmschleimhaut durch Toxineinwirkung (α- bzw. β-Toxin) ein Absterben der Darmzellen.  Besonders bei Typ C kommt es zu perakuten Todesfällen und zu wässrig braun-rotem Durchfall.
Die Krankheitserscheinungen können bereits am ersten Lebenstag auftreten, aber auch Erkrankungen in der ersten oder zweiten Lebenswoche sind noch möglich.
Wichtigste Prophylaxemaßnahme ist die Impfung der tragenden Sauen (Mutterschutzimpfung), wobei sowohl kommerzielle Impfstoffe als auch bestandsspezifische Vakzinen zum Einsatz kommen können. Eine antibiotische Behandlung mit Amoxicillin oder oralen Penicillinen ist ebenfalls möglich, aufgrund der Toxineinwirkung auf den Darm muss jedoch mit einer dauerhaften Schädigung der Darmschleimhaut gerechnet werden.

Kokzidiose:
Isospora suis, ein einzelliger Parasit, der zu den Kokzidien gehört, hat in den letzten Jahren vermehrt an Bedeutung gewonnen. Die Isospora-Durchfälle treten meist in einem Alter von 5 und 15 Tagen auf. Oft sind Kokzidien Wegbereiter für eine Infektion mit anderen Durchfallerregern (z. B. Clostridium perfringens). In der Regel sind ältere Schweine stumme Träger der Parasiten ohne zu erkranken.
Der Durchfallkot der Saugferkel weist ein gelblich pastöses bis wässriges Aussehen auf. Ein Nachweis der sog. Oozysten (Vermehrungsstadium der Kokzidien) ist ziemlich schwierig, Eine Untersuchung von Sammelkotproben (ca. 5-10% der Würfe) kann versucht werden.
Die Behandlung erkrankter und gefährdeter Würfe kann oral mit dem Wirkstoff Toltrazuril erfolgen, seit kurzem ist auch ein Kombinationspräparat aus Eisen und Toltrazuril zur Injektionsbehandlung auf dem Markt. Die Kokzidienbehandlung sollte am 1. Bis 3. Lebenstag erfolgen, um frühzeitig die Vermehrung oral aufgenommener Oozysten zu unterbinden.
Zusätzlich sollte eine kokzidienwirksame Desinfektion der Abferkelställe mit Kresolen oder Phenolverbindungen erfolgen, da übliche Desinfektionsmittel gegen Kokzidien unwirksam sind.

Rotavirus:
 
Insbesondere bei Jungsauenwürfen und in Herden mit instabiler Herdenimmunität kann es durch Fehlen maternaler Antiköper gegen Rotaviren im Kolostrum bei betroffenen Ferkeln zu Durchfall in den ersten Lebenstagen kommen. Hierbei sehen die Durchfälle bräunlich oder wie geronnene Milch mit gelb-flüssigen Beimengungen aus. Rotaviren verursachen im Ferkeldarm eine sog. Zottenatrophie. Die Tiere erleiden hierbei einen starken Elektrolyt- und Wasserverlust.
Die Diagnose von Rotavirusinfektionen erfolgt als direkter Erregernachweis aus Kotproben oder dem Ferkeldarm meist mittels PCR.
Prophylaktisch können Rinderimpfstoffe gegen Rotaviren als Mutterschutzimpfung versuchsweise eingesetzt werden, da es gegen diese Erkrankung keine handelsüblichen Schweineimpfstoffe gibt. Neuerdings ist es aber auch möglich, aus dem Darm erkrankter Ferkel Rotaviren zu isolieren und mittels Zellkultur anzuzüchten. Hieraus kann dann eine bestandsspezifische Vakzine zur Mutterschutzimpfung der Sauen ggf. in Kombination mit anderen vorkommenden Durchfallerregern hergestellt werden.

Coronavirus PED/TGE
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Diese Viren machten in der Vergangenheit v.a. in den USA, wo es zu einem regelrechten Seuchenzug kam, von sich reden. Auch in Deutschland sind mittlerweile Betriebe betroffen, allerdings mit einem wesentlich milderen klinischen Erscheinungsbild. Typisch für diese Erkrankung ist ein schlagartiges Auftreten von wässrigem Durchfall der Ferkel mit einer Erkrankungsrate bis zu 100%. Häufige Symptome sind das Erbrechen geronnener Milch sowie Frieren und Zittern der betroffenen Ferkel. In Europa werden Coronavirusinfektionen jedoch wesentlich häufiger in der Mast oder Ferkelaufzucht gefunden.

Zur Diagnostik kann ein direkter Erregernachweis aus Kotproben mittels PCR erfolgen. Impfstoffe gegen Coronaviren stehen derzeit in Europa nicht zur Verfügung, so dass sich eine Behandlung dieser Erkrankung auf begleitende Maßnahmen (Elektrolytergänzung) beschränkt. Erst nach Durchseuchung des Bestandes stabilisiert sich die Krankheitssituation.