Notschlachtung – Eine kurze Übersicht und Entscheidungshilfe

Zugegeben, bei der Notschlachtung von Nutztieren handelt es sich um ein unbeliebtes Thema, im Praxisalltag tritt jedoch immer wieder zutage, dass sowohl bei Tierhaltern, als auch bei Tierärzten Unklarheiten bzw. Verunsicherung zu dieser Thematik bestehen. Ziel dieses Artikels soll es sein, eine Übersicht über die wichtigsten zu beachtenden Punkte bei der Notschlachtung und eine Entscheidungshilfe für Tierhalter und Tierarzt zu geben. Als Notschlachtung ist die Schlachtung eines frisch verletzten, nicht mehr transportfähigen Tieres auf dem Herkunftsbetrieb definiert (gemäß Verordnung EG Nr. 853/2004: „Ein ansonsten gesundes Tier muss einen Unfall erlitten haben, der seine Beförderung zum Schlachthof aus Gründen des Tierschutzes verhindert hat“). Klar abzugrenzen von der Notschlachtung ist die Schlachtung kranker Tiere (=Krankschlachtung), die ausnahmslos verboten ist! Je nach Einzelfallentscheidung sind derartige Tiere tierärztlich zu behandeln oder tierschutzgerecht notzutöten. Im Folgenden sollen typische Indikationen beispielhaft den Unterschied zwischen einer Not- und einer Krankschlachtung verdeutlichen. Gerechtfertigte Notschlachtung:

  • Knochenbrüche (= Frakturen)
  • Muskel- und Sehnenrisse
  • Ausgekugelte Gelenke (= Luxation)
  • Traumatisch bedingte Nervenschädigungen

Notschlachtung nach Einzelfallentscheidung durch den Tierarzt:

  • Akute Verdrehungen, Verlagerungen oder Verschlüsse von Teilen des Magen-Darmtraktes oder der Gebärmutter (z.B. Uterusvorfall oder Uterustorsion)
  • Schlundverstopfung

Schlachtung verboten (= Krankschlachtung):

  • Fieberhafte Allgemeinerkrankungen einschließlich Blutvergiftung
  • Infektionskrankheiten inkl. Tierseuchen
  • LabmagengeschwüreDurchfallerkrankungen
  • Stoffwechselerkrankungen (z. B. Milchfieber, Leberschädigung)
  • Fremdkörpererkrankungen im Vormagenbereich beim Rind
  • Brust- und Bauchfellentzündungen
  • Nervale Erkrankungen, die nicht traumatisch bedingt sind
  • Vergiftungen
  • Altersschwäche/Auszehrung (=Kachexie)

Wichtig: Zwischen dem erlittenen Unfall des Tieres und der Notschlachtung dürfen maximal 24 Stunden liegen! Sind die tiergesundheitlichen Voraussetzungen für eine Notschlachtung erfüllt, darf die Betäubung und Entblutung des Tieres nur von geschultem Personal durchgeführt werden. Außerdem muss vor der Notschlachtung eine Untersuchung des Tieres durch den Hoftierarzt erfolgen, die in der Bescheinigung zur Notschlachtung (gem. Anlage 8 tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung) zu dokumentieren ist. Diese Bescheinigung sollte unbedingt vollständig und korrekt ausgefüllt werden, da Zweifel an der Plausibilität später im Schlachtbetrieb die Beurteilung „untauglich“ des Tierkörpers durch den fleischuntersuchenden Tierarzt nach sich ziehen kann! Da der Hoftierarzt, der die Lebenduntersuchung des Tieres durchführt, auch bei der Betäubung und Entblutung des Tieres anwesend sein muss, wäre es ideal, die beiden Termine der Untersuchung und der Schlachtung des Tieres mit dem Schlachtbetrieb vorher abzusprechen bzw. zu planen, um unnötige Wartezeiten oder gar doppelte Anfahrt zu vermeiden.

Zusätzlich zur o. a. Notschlachtbescheinigung muss auch noch die übliche Lebensmittelketten-Information („Standarderklärung“) gem. Anlage 7 tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung durch den Tierhalter ausgefüllt werden. Beide Bescheinigungen und ggf. der Rinder- bzw. Equidenpass müssen den Tierkörper zum Schlachtbetrieb begleiten. Bei Rindern über 48 Monaten ist außerdem ein BSE-Test Pflicht, welcher zusätzliche Kosten für den Tierhalter verursacht. Sollten von Ihrer Seite noch Unklarheiten zum Thema Notschlachtung bestehen, zögern Sie nicht uns um Rat zu fragen.