Blauzungenerkrankung der Wiederkäuer

Die Blauzungenkrankheit (Bluetongue-Virus, kurz BTV) ist eine anzeigepflichtige Tierseuche der Wiederkäuer, die durch Viren (Orbivirus aus der Fam. der Reovirdae) verursacht und über Mücken der Gattung Culicoides übertragen wird.

Am 12.12.2018 wurde erstmals nach 2009 in einer Rinderhaltung im Kreis Raststatt in Baden-Württemberg wieder ein Ausbruch der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 8 festgestellt.
Um den Ausbruchsbestand wurde ein sog. Sperrgebiet im Umkreis von 150km eingerichtet. Weitere Ausbrüche fanden inzwischen im westl. Baden-Württemberg sowie in Rheinland-Pfalz und im Saarland statt. Von den Sperrgebieten sind neben Baden-Württemberg, Saarland und Rheinland-Pfalz auch Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bayern betroffen. Empfängliche Tiere (Rinder, Schafe, Ziegen und gehaltene Wiederkäuer) dürfen in diesen Gebieten nur unter Auflagen verbracht werden. Seit 2012 war Deutschland anerkannt frei von der Blauzungenkrankheit. Mit den aktuellen Ausbrüchen verliert Deutschland den Blauzungen-Freistaus, sodass mit Einschränkungen beim Handel mit empfänglichen Tieren zu rechnen ist. Aus betroffenen Gebieten dürfen die Tiere nur in freie Gebiete verbracht werden, wenn sie negativ auf BT untersucht sind oder gegen BTV-8 geimpft sind.

In der Stellungnahme der ständigen Impfkommission Veterinärmedizin am Friedrich-Loeffler-Institut zur aktuellen Situation wird darauf hingewiesen, dass es neben weiteren Ausbrüchen von BTV-8 mittelfristig auch zum Nachweis von BTV vom Serotyp 4 kommen kann. Tierhaltern wird empfohlen, ihre Rinder, Schafe und Ziegen gegen BTV-8 und BTV-4 impfen zu lassen. Die Erfahrungen aus Frankreich und der Schweiz zeigen, dass ohne eine flächendeckende Impfung eine weitere Ausbreitung der Blauzungenkrankheit wahrscheinlich ist. Überträger sind die sog. Gnitzen. Sie fallen vorwiegend in der Abend- und/oder Morgendämmerung Tiere im offenen Gelände an. Das Virus wird von den blutsaugenden Insekten aufgenommen, nach einer Entwicklungszeit von ca. einer Woche kann das Virus bei einer Blutmahlzeit auf den Säugetierwirt übertragen werden. Das Risiko einer Übertragung in der kalten Jahreszeit wird im Augenblick als gering eingeschätzt.

Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch eine sehr spezifische Symptomatik. Typisch sind Entzündungen der Zitzenhaut und Schleimhäute im Bereich der Augenlider, Maulhöhle und Genitalien. Zudem treten Ablösungen von Schleimhäuten im Bereich der Zunge und des Mauls sowie Blasen am Kronsaum auf. Diese Symptome ähneln den Symptomen der Maul- und Klauenseuche.

Das Virus bleibt in der Regel 100 Tage aktiv, es sammelt sich insbesondere unter der Haut. Die Tiere bilden eine belastbare Immunität aus, die Krankheit kann ausheilen. Schafe zeigen ca. 7-8 Tage nach der Infektion die ersten Anzeichen einer akuten Erkrankung wie eine erhöhte Körpertemperatur, Apathie und Absonderung von der Herde. Bald nach dem Anstieg der Körpertemperatur schwellen die geröteten Maulschleimhäute an. Es kommt zu vermehrtem Speichelfluss und Schaumbildung vor dem Maul. Die Zunge schwillt an und wird blau und kann aus dem Maul hängen. An den Klauen rötet sich der Kronsaum und schmerzt. Die Schafe können lahmen und bei tragenden Tieren kann die Krankheit zum Abort führen.

Die Blauzungenkrankheit ist eine für den Menschen völlig ungefährliche Tierseuche. Ein effektiver Schutz des Wiederkäuerbestandes bietet nur eine Impfung der Tiere, im Rahmen einer Grundimmunisierung müssen die Tiere zweimalig im Abstand von 4 Wochen geimpft werden. Die Impfung ist nach einer Bewertung des Friedrich-Loeffler-Institues gut verträglich. Viele im Jahr des Ersteinsatzes erfasste „Impfschäden“ erwiesen sich bei einer näheren Untersuchung als Krankheitsausbrüche, da aufgrund einer noch ausstehenden zweiten Impfung die Grundimmunisierung noch nicht erfolgreich abgeschlossen worden war. Grundsätzlich werden aber selbstverständlich mögliche Meldungen zu Nebenwirkungen weiterhin aufgenommen und überprüft. In Deutschland ist eine freiwillige Impfung empfänglicher Wiederkäuer möglich. Hierzu ist jedoch die Genehmigung der zuständigen Behörde (Veterinäramt) notwendig.

Gemäß §4 der EG-Blauzungenbekämpfung-Durchführungsverordnung (vom 30.06.2015 (BGBI. IS. 1098), zuletzt geändert am 3. Mai 2016 (BGBI. IS. 1057)) gilt folgendes:

  • Empfängliche Tiere dürfen gegen BTV nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde geimpft werden. Die Genehmigung ist unter Berücksichtigung einer Risikobewertung des Friedrich-Loeffler-Institutes zu erteilen.
  • Der Tierhalter hat der zuständigen Behörde oder einer von dieser beauftragten Stelle jede Impfung gegen BTV innerhalb von sieben Tagen nach der Durchführung der Impfung unter Angabe der Registriernummer seines Betriebes, dem Datum der Impfung und des verwendeten Impfstoffes mitzuteilen. Auf Anordnung der zuständigen Behörde hat er zusätzlich die Ohrmarkennummern der geimpften Tiere mitzuteilen.
  • Die zuständige Behörde kann Impfungen empfänglicher Tiere eines Bestandes oder eines bestimmten Gebietes gegen BTV mit einem inaktiven Impfstoff und deren Mitteilung anordnen, soweit dies aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung erforderlich ist.


Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Krankheitsvorbeugung ist auch eine intensive Insektenbekämpfung. Vor Weideaustrieb sollten die Tiere deshalb vorbeugend mit einem Präparat gegen Stechfliegen behandelt werden. Eine Stallhaltung gefährdeter Tierbestände muss auch in Erwägung gezogen werden.  

Bei Fragen zu vorbeugenden Maßnahmen und Impfungen, insbesondere zur Genehmigung, wenden Sie sich bitte an einen Mitarbeiter unserer Praxis.

Quelle: Laves (Blauzungenkrankheit) vom 08.02.2019