Getreidefreie Fütterung – der neue Hype?!

In letzter Zeit hören wir einen Satz vermehrt bei uns in der Praxis: „mein Hund verträgt kein Getreide, der hat eine Allergie!“. Auf Nachfrage erhalten wir oft ähnliche Antworten, wie „das habe ich im Internet gelesen“ oder „das sagte mir der Verkäufer im Zoohandel“.

Es scheint ein neuer Trend zu sein, dem wir uns hier leider nur selten anschließen können. Die sogenannte Unverträglichkeit gegenüber Gluten ist bekannt, aber gänzlich auf Getreide verzichten? Der Wolf sei doch schließlich ein Carnivore (Fleischfresser).

Greift man nun also zurück auf den Wolf, der tatsächlich ein Beutetierjäger ist, so finden wir doch einige Unterschiede. Selbst genetisch betrachtet sind unsere Hunde schon lange nicht mehr mit dem Wolf zu vergleichen (oder würde Ihr Pinscher bei -15°C in freier Wildbahn überleben?). Auch ist die fleisch- /knochen- /protein- und phosphorlastige Ernährung eines reinen Beutetierjägers sehr belastend für Darm, Leber und Niere. Eine artgerechte Ernährung entspricht also nicht gleich auch einer gesunden Ernährung. Zum Vergleich: lässt man uns Menschen die Wahl ohne Hintergedanken nur das zu Essen, was uns schmeckt (=artgerecht?)… Wir wären den ganzen Tag in irgendwelchen Fastfood-Restaurants oder im nächsten Kiosk an der Süßigkeiten-Theke verschwunden. Gesund ist aber was anderes und wir Menschen achten auch auf eine ausgewogene Ernährung für uns selbst, auch wenn der ein oder andere eher weniger auf Obst und Gemüse steht (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel). Unser Hund ist leider nicht in der Lage auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, weshalb wir diesen Job übernehmen müssen. Dabei sind Kohlenhydrate unverzichtbar, denn Ballaststoffe/Rohfaser braucht der Hund. Während Proteine oder Fette (größtenteils im Fleisch vorhanden) bereits im Dünndarm zerlegt werden, durchlaufen lösliche Ballaststoffe diesen unbeschadet und kommen erst im Dickdarm zum Einsatz. Dort ernähren sich Darmkeime davon und vermehren sich (bei ausreichender Nahrung), was letztendlich der Darmgesundheit zugute kommt. Unlösliche Ballaststoffe dienen dem Weitertransport der Nahrung und werden kaum abgebaut. Durch den vermehrten Darminhalt wird jedoch die Darmperistaltik angeregt. Sie wirken sich also positiv auf die Darmgesundheit und das Wohlbefinden des Hundes aus.

Greift man nun auf die sogenannte „artgerechte“ Fütterung zurück und verzichte auf Getreide, dann verzichte ich auch auf einen großen Teil an Ballaststoffen. Dies führt häufig zu Durchfall, da die guten Darmkeime keine Nahrung mehr haben und sich somit auch nicht mehr vermehren. Der „Füllstoff“ wird dem Hund sozusagen genommen.


Zur Orientierung:
1kg Fleisch besteht aus:
-    75% Feuchte
-    20% Protein
-    4% Fett
-    1% Mineralien

Beim Proteinstoffwechsel entsteht Ammoniak. Dieses Zellgift wird in der Leber zu Harnstoff umgewandelt, was im Klartext bedeutet:

Viel Fleisch = viel Harnstoff = viel Leberarbeit
Fleisch/Knochen hingegen enthält viel Phosphor = große Nierenbelastung!

Daher ist darauf zu achten, dass der Hund ausgewogen ernährt wird und das geht nicht mit einer reinen Fleischfütterung. So hat jeder Bestandteil seine Aufgaben. Unter anderem ist Gemüse/Obst notwendig für den Phosphorausgleich, Kohlenhydrate dienen der Darmgesundheit, Proteine dem Zellstoffwechsel und Wachstum, Fett als Hauptenergielieferant, Feuchte für den Wasserhaushalt und Mineralien für Nerven, Knochen, Muskeln ...

Um also auf den Ursprung zurück zu kommen: Wir können uns dem Hype der getreidefreien Fütterung bei einem gesunden Hund nicht anschließen! Diese Ernährungsweise wird früher oder später zu Defiziten in der Versorgung und zu Durchfällen, Nieren- oder Leberschäden führen. Aus Erfahrung heraus können wir bestätigen, dass die Anzahl an falsch ernährten und dadurch erkrankten Hunden steigt.

Haben Sie Fragen zu einer ausgewogenen Ernährung ihres Vierbeiners? Wir haben eine praxisinterne Ernährungsberaterin, welche Ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht.